Die Presse über Juttas Brischt:
Alt, aber immer noch gut:
Zum dreißigjährigen Bandjubiläum:
“Jetzt mal ernsthaft: Im Grunde sind Musiker, die ihr Talent darauf verwenden, den Sound einer anderen Band
möglichst genau zu reproduzieren, doch der musische Antichrist. Sollte der Kreative nicht nach künstlerischer
Eigenständigkeit und Selbstverwirklichung streben? Was sind das nur für Menschen, die ihre Freizeit und Mühe
darauf verwenden, wie Elvis zu singen oder Gitarre zu spielen wie Angus Young? Ziemlich lustige, um ehrlich zu
sein. Das gilt zumindest für die badischen Judas Priest-Darsteller Juttas Brischt, die nun schon seit 30 Jahren
im Namen des Metal-Gods unterwegs sind. Und überhaupt: Wenn andere Leute den Kölner Dom aus
Streichhölzern nachbauen können, ohne gleich für bekloppt erklärt zu werden, was soll dann verwerflich daran
sein, Songs wie „Living After Midnight“ oder „The Ripper“ auf der Gitarre nachzuspielen?
„Brischt! Brischt! Brischt! Brischt!“, schallt es am Freitag über den Sportplatz im Dörfchen Münzesheim, in
Anlehnung an den Schlachtruf, den Priest-Fans bei Konzerten der britischen Metal-Legende ausstoßen. Eine
Legende sind Juttas Brischt inzwischen selbst – wenigstens im Kraichgau und sogar darüber hinaus. 500 Leute
sind zu ihrem Jubiläumskonzert gekommen. Angefangen hat das Quintett vor dreißig Jahren als Kraut und
Rüben-Coverband, wie Sänger Oli „Tripper“ Mannherz berichtet. Der hochaufgeschossene heute 47-Jährige
saß damals noch hinterm Schlagzeug. „Die andern sind auf der Bühne aber immer nur herumgestanden“,
berichtet er. Auf die Anregung ihres Trommlers hin, „da muss mehr passieren“, hatten die Bandkollegen indes
eine für diesen unerwartete Antwort parat: „Dann komm Du doch nach vorne und mach was.“
Zum Frontmann befördert merkte Mannherz schnell, dass ihm die Priest-Stücke im Programm wie „Grinder“ und
„Breaking The Law“ besonders gut lagen. „Rob Halfords Tenor hatte ich ziemlich gut drauf, nur die hohen Lagen
haben sich erst langsam entwickelt.“ Den Anstoß, sich voll auf britischen Stahl zu konzentrieren kam Anfang der
90er durch einen Auftritt mit der Deep Purple-Coverband „Bärbel in Rock“. „Das war damals eine der ersten
Tribute Bands“, erzählt Mannherz. „Die waren ein Spin-Off der Rodgau Monotones und haben mich schwer
beeindruckt. Das war die Geburtsstunde von Juttas Brischt.“
25 Jahre später stehen die Brischt immer noch. Eine lange Zeit für ein Spaßprojekt. „Wir nehmen uns selbst
nicht allzu ernst“, erklärt Mannherz das Geheimnis der Langlebigkeit. Geprobt wird heutzutage nur noch wenig.
„Wir sind in alle Himmelsrichtungen verstreut“. Bandmitglieder wohnen in Kaufbeuren und Saarbrücken. „Viele
neue Stücke müssen wir zum Glück ja nicht mehr lernen“, sagt er. „Redeemer Of Souls“, die neue Platte seiner
Idole gefällt ihm nicht besonders. „Halford wird eben alt“, bedauert er.
Von seiner Glatze – er hat sie mit seinem berühmten Kollegen gemein – steigt Dampf in den kühlen
Nachthimmel über Münzesheim. Es ist anstrengend einen echten Metal-Gott zu personifizieren. Nach zwei
Stunden auf der Bühne hat Mannherz seine Lederkluft durchgeschwitzt. Obwohl er heute auf die eigentlich
unverzichtbaren Halford-Accessoires Bikermütze und Reithandschuhe verzichtet hat. „Die habe ich nach dem
letzten Konzert in der Tasche vergessen. Als ich sie ein halbes Jahr später hervorholen wollte, waren sie vom
Salz zerfressen.“ Ersatz hat er noch nicht gefunden. „Es gibt immer nur so Faschingshüte, eine gute Lederkappe
zu bekommen, ist schwierig.“ Auf einen Sado-Maso-Versandhandel will der Familienvater lieber nicht
zurückgreifen. „Du kannst mir ja mal was mitbestellen“, sagt er und lacht.
Ohnehin kommt es bei Juttas Brischt weniger auf die zu hundert Prozent korrekte Optik an. Zwar sehen die
Gitarristen Axel „Axe“ Herrmann und Maze „Finderlohn“ Bienwald tatsächlich ein wenig aus wie ihre Vorblilder
Glenn Tipton K.K. Downing. Das sei wohl wie bei den Hundebesitzern, die ihren Vierbeinern ähnlich sehen,
glaubt Mannherz, „bloß umgekehrt“. Aber viel wichtiger ist, dass die Band es schafft, beim Zuhörer das ganz
eigene Judas Priest-Gefühl zu erzeugen: Bei aller Härte ein warmer Sound mit gelegentlich romantischen
Melodien. „Das ist einfach schöne Musik“, sagt Mannherz. Und fügt abschließend hinzu: „Heavy Metal sagt
einfach mehr als tausend Brüste.“”
Quelle: http://thebigrockblog.blogspot.de/2014/10/metal-sagt-mehr-als-tausend-bruste.html